„Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
2020 lehrt uns, wie zerbrechlich unser Planet und unser Dasein ist. Zur Klimakrise kam die weltweite Pandemie. Es sind Warnzeichen. Warnzeichen dafür, dass wir seit Jahrzehnten rücksichtslos und ohne Verstand in das ökologische System eingreifen und die natürlichen Ressourcen des Planeten plündern. Manch einer freut sich sogar noch darüber, dass es heißer wird und die Polkappen schmelzen, damit auch dort noch nach Öl und Erdgas gebohrt werden kann. In der Weltpolitik sind Wahnsinnige am Werk, machtgierige Männer und Konzerne, die nicht genug kriegen.
Aber wir müssen gar nicht so weit gucken. In Deutschland sollen bis 2035 jedes Jahr weiterhin bis zu 8 Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut werden. JEDES JAHR 8 Millionen Tonnen.
Merken
wir noch was? Ja, einige schon.
KEIN
GRAD MEHR lautet die Forderung der heutigen Mahnwache von Fridays for
Future. Es geht um das Klimaziel einer maximalen Erderwärmung um 1,5
Grad. Kein Grad mehr.
Es
gibt die Prognose, dass wir es NICHT schaffen werden. Global denken –
lokal handeln lautet die Devise. Doch der Haushalt ist – wie schon
in den Jahren zuvor – nicht darauf ausgerichtet, eine
Klimakatastrophe zu verhindern. Viel zu zögerlich zeigt sich auch
die GroKo. Hier ein Bäumchen mehr und dort ein paar Parkplätze
weniger, um an anderer Stelle zig Millionen Euro für ein neues
Parkhaus auszugeben.
Dennoch
muss ich sagen, Fridays for Future hat Spuren hinterlassen. Bei fast
allen Fraktionen bilden sich in den Haushaltsanträgen Maßnahmen zum
Klimaschutz ab. Auch die Grünen haben sich zum Glück wieder in eine
positive Richtung verändert. Noch vor drei Jahren hat die Grüne
Fraktion unseren GAL Antrag abgelehnt, ein Konzept für eine
emissionsfreie Innenstadt zu entwickeln, auch unser Antrag einen
Energiebericht für städtische Gebäude zu verfassen, wurde damals
abgelehnt, versenkbare Straßenpoller, mehr Personal für den Bau von
Radwegen, Ausbau des ÖPNV…all diese Anträge haben wir bereits vor
Jahren gestellt. Wir könnten schon viel weiter sein.
Was
wir dringend brauchen, ist ein gesellschaftlicher Wandel. Eine
Gesellschaft, in der sich jeder Einzelne verantwortlich fühlt dafür,
welche Spuren er oder sie auf dem Planeten hinterlässt. Politik muss
das steuern. Indem wir als Politik die Angebote schaffen, anders
Leben möglich machen. Die Verkehrswende gelingt nur dann, wenn wir
den ÖPNV endlich besser machen und nicht nur darüber reden. Wir
brauchen eine engere Taktung, Nachtfahrten und günstigere Fahrpreise
– dringend. Dafür müssen wir endlich die Deckelung des
städtischen Zuschusses aufheben. Fahrrad- und Gehwege verbessern und
ausbauen. Alles schon zig Mal gesagt. Wir wissen genau, was zu tun
ist. Aber es werden immer noch andere Prioritäten gesetzt, damit
nicht der Autoverkehr ins Stocken gerät – sondern Radfahrer*innen
absteigen müssen, um zu schieben.
Artensterben,
Waldsterben, Temperaturanstieg, Dürrephasen, starke Regenfälle,
Hochwasser…all das berührt nicht mehr allein ferne Länder. Es
betrifft uns mittlerweile direkt. Spürbar vor Ort. Hätten Sie vor
ein paar Monaten mehrheitlich unserem Fraktionsantrag zugestimmt,
Umweltfolgekosten beim Verkehr anzugeben, würden Sie alle erkennen,
dass sich Umweltschutz auch rechnet. Oder wollen Sie die Zahlen nicht
schwarz auf weiß? Und mit jedem Jahr, in dem wir zögerlich agieren,
wird es schwieriger die Katastrophe zu verhindern.
Doch
es ist nicht nur die Umwelt, die leidet. Auch das soziale Gefüge ist
fragil.
GAL zum PARKing Day: Zu viele Autos im öffentlichen Raum
Die GAL Wähler*innengemeinschaft beteiligt sich auch in diesem Jahr wieder am PARKing Day, der am Freitag, 17.9. von 10 bis 16 Uhr in der Beckergrube durchgeführt wird.
Parken bleibt ein
zentrales Thema bei der Verkehrswende. „In den vergangenen Monaten haben
wir mehr denn je gespürt, wie bedeutend und wertvoll öffentlicher Raum
ist, wenn es um die Möglichkeiten geht, sich unter
Einhaltung von Abstandsregeln im Freien aufzuhalten“, so Lucie
Messerschmidt vom Vorstand der GAL.
In ihrem
Kommunalwahlprogramm schlägt die GAL vor, mehr Flächen von Parkraum zu
befreien und stattdessen Aufenthaltsmöglichkeiten zu schaffen. „Die
Beckergrube ist ein gutes Beispiel wie es gehen kann“, freut sich
Carl Howe, baupolitischer Sprecher der GAL. „Diese Maßnahme des
Rahmenplans wollen wir verstetigen. Allerdings müssten mehr Kontrollen
stattfinden, denn viele Autos fahren hier unerlaubt durch oder halten
die Tempobeschränkung nicht ein.“
Ein weiteres Mittel,
damit Menschen vermehrt auf den ÖPNV umsteigen, ist das Parken im
öffentlichen Raum teurer zu machen und parallel die Attraktivität des
Busfahrens zu steigern – hierzu gehört auch das Ein-Euro-Ticket.
„Es kann nicht sein, dass die Buspreise permanent steigen, während
Parkgebühren in Lübeck stagnieren.“
Mit der Gebührenerhöhung für Anwohner*innenparkausweise hatte die GAL sich bereits in vergangenen Jahren beschäftigt. Bis vor kurzem war es Kommunen nicht erlaubt, selbstständig an der Schraube zu drehen. Dies hat sich im Mai 2020 geändert. Der Deutsche Städtetag schlägt einen Gebührenkorridor bis 200 Euro vor.
„Wir sind in der
Lübecker Innenstadt mit dem Rahmenplan auf einem guten Weg“, so Juleka
Schulte-Ostermann. „Jedoch sind Änderungen vielfach zu zögerlich. Statt
konfliktscheu die Versorgung mit Parkraum im Fokus zu
haben, muss das Mobilitätsgeschehen mehr gesteuert werden – mit allen
Instrumenten, die zur Verfügung stehen. Hierbei brauchen wir Transparenz
und vor allem auch Tempo. Vieles dauert aufgrund einer über Jahre
ausgedünnten Personaldecke leider zu lange und
die GroKo setzt ihren Schwerpunkt nicht auf umweltfreundliche
Mobiltät.“
„Ein weiteres Ärgernis sind parkende Autos auf Gehwegen in den Wohnquartieren“, weiß Katja Mentz, die mehrfach öffentlich auf Missstände bei Schulwegen aufmerksam gemacht hat. „Falsches Parken wird vielfach toleriert statt die Straßenverkehrsordnung anzuwenden und den öffentlichen Raum etwas gerechter zu verteilen. Kinder und Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung bleiben auf der Strecke.“
Beim PARKing Day setzt
die GAL auf gestalterische Kunst. „Auf unserer Fläche kann gemalt
werden: Wie wünschen wir uns unsere Stadt“, so Hermann Eickhoff vom GAL
Vorstand.
GAL ist sauer: Immer noch kein barrierefreier Übergang über den St.-Jürgen-Ring
„Der
muffige Geruch schlägt einem schon auf der Rampe entgegen. Die Wände
sind mit Graffiti vollgeschmiert, nachts trauen sich viele Frauen hier
nicht mehr durch. Behinderte können den Tunnel unter dem St.-Jürgen-Ring
hindurch überhaupt nicht nutzen.“
So
beginnt ein Artikel über den Fußgängertunnel im Zuge des Mönkhofer
Weges im Jahre 2013 (LN, 12. 10. 2013, S. 14). Geändert hat sich bisher
nichts. Die St.-Jürgen-Runde hatte 2012 mit Unterstützung der Läden im
Umfeld (Edeka, Rewe, Bäckerei im Mönkhofer Weg) rund 750 Unterschriften
für einen barrierefreien Fußgängerüberweg über den St.-Jürger-Ring
gesammelt. Doch erst unsere neue Bausenatorin Frau Hagen nahm die
Unterschriften 2018 entgegen. Sie fand einen Weg, im Rahmen der
Sanierung der Wakenitzbrücke den Überweg mit Ampel einzuplanen. Die
Planungskosten wurden im Haushalt 2020 bereitgestellt, die Baukosten für
2022 vorgemerkt.
Bisher
ist die Planung nicht ausgeschrieben. Im Haushaltsplan 2021 fehlt der
Tunnel völlig. Auf unsere Nachfrage erhielten wir vom Bereich Haushalt
und Steuerung die folgende Antwort:
„Es ist richtig, dass für die Querung St.-Jürgen-Ring für 2021 keine Anmeldung erfolgt ist. Die personellen Kapazitäten müssen für Unfallschwerpunkte eingesetzt werden. Die aktuelle Querung des St.-Jürgen-Rings ist nicht barrierefrei, allerdings kein Problempunkt hinsichtlich von Unfällen. Daher muss die Planung und Umsetzung leider verschoben werden.“
Die Begründung stammt vom Fachbereich Planen und Bauen.
„Es
ist ein Unding, dass der Baubereich abwägen muss, ob er sein Personal
zur Beseitigung von Unfallschwerpunkten oder zur Beseitigung des
maroden, unzumutbaren Tunnels einsetzt. Das ist die Folge der
Stellensperre unseres alten Bürgermeisters. Der Baubereich wurde kaputt
gespart. Diese Sparpolitik habe ich immer kritisiert und als kurzsichtig
bezeichnet. Jetzt bekommen wir die Quittung,“ schimpft unsere
Fraktionsvorsitzende Antje Jansen.
„Ich
bin Bauingenieur,“ sagt unser langjähriges Mitglied im Bauausschuss
Carl Howe. „Bei meiner Berufswahl konnte ich mir in meinen schlimmste
Alpträumen nicht ausmalen, jemals Beseitigung von Unfallschwerpunkten
gegen Barrierefreiheit abwägen zu müssen. Beides ist unverzichtbar. Den
Tunnel benutzen notgedrungen über 1000 Menschen pro Tag. Die meisten
sogar zweimal. Warum kann man nicht die Sanierung von Nebenstraßen oder
sogar vorhandener Radwege, die von weit weniger Menschen genutzt werden,
verschieben und den Tunnel wie geplant beseitigen?“
„Ich
bin enttäuscht,“ stellt der Sprecher der St.-Jürgen-Runde und
GAL-Mitglied Volker Koß fest. „Ich benutzte den Tunnel häufig. Vor 25
Jahren schob ich mein Fahrrad auch mit meiner Tochter im Kindersitz die
Rampen rauf und runter. Das traue ich mir heute mit meiner Enkelin nicht
mehr zu. Seit die Wakenitzbrücke saniert wird und der Verkehr nur noch
über 2 Fahrspuren läuft, fahre ich mit dem Fahrrad lieber über den
St-Jürgen-Ring. Das erscheint mir ungefährlicher als die Rampen und
Treppen des Tunnels. Und viele andere Fußgänger und Radfahrer denken und
handeln genauso.“
Die Fraktion Freie Wähler und GAL wird in der kommenden Bürgerschaftssitzung beantragen, das Projekt „Baumaßnahme St. Jürgen Ring /Unterführung, Produktsachkonto 544001 038“ wie geplant im Haushalt weiterzuführen.
Weiterhin
werden wir eine Vollzeitstelle für den Bereich 5 fordern, um die dazu
notwendigen Vorarbeiten zu erledigen. Doch offensichtlich fällt es dem
FB5 schwer, die vorhandenen Planstellen zu besetzen. Wir werden den
Bürgermeister auffordern, langfristig eine Kooperation mit der TH Lübeck
zu suchen, um entsprechende AbsolventInnen der TH für die Lübecker
Verwaltung zu gewinnen.
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