GAL fordert die Entwicklung eines autoarmen Wohnquartiers
In den 60er und 70er Jahren prägte immer mehr die autogerechte Stadt das Leitbild von Stadt- und Verkehrsplanung – bis heute. „Der Rückbau von öffentlichen Verkehrsmitteln, die Schaffung innerstädtischer Autobahnen und die steuerliche und ordnungsrechtliche Förderung des motorisierten Individualverkehrs führten zu Mobilitätsroutinen, Stadt- und Raumstrukturen, die bis heute den privaten Pkw als unabdingbare Stütze der eigenen Mobilität festigen oder es so scheinen lassen.“, schrieb Prof. Hermann Knoflacher, Professor emeritus am Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik der Technischen Universität Wien.
Dabei leben immer mehr Menschen freiwillig oder gezwungenermaßen ohne Auto. Sei es, weil sie bewusst einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten wollen oder schlicht nicht das Geld haben, um ein Auto zu kaufen und zu unterhalten. Dieser Teil der Gesellschaft finanziert jedoch die Infrastruktur der Autofahrenden mit und (er-)trägt auch die vielen Begleiterscheinungen, die sich negativ auf unsere Lebensqualität auswirken, wie Lärm, Emissionen, Unfallgefahr und massiver Flächenverbrauch.
„Wir wollen mit der Entwicklung eines autoarmen Quartiers in Lübeck aufzeigen, dass ein Verzicht auf das eigene Auto nicht zwangsläufig Mobilitätseinschränkungen mit sich bringt. So können durch gute Beispiele andere Menschen motiviert werden, ihr Mobilitätsverhalten ebenfalls nachhaltig zu organisieren. Und gleichzeitig sollen diejenigen, die unabhängig vom individuellen Autobesitz leben, „die Vorzüge eines vom fahrenden und parkenden Autoverkehr befreiten Wohnumfeldes genießen können: mehr Ruhe, mehr Verkehrssicherheit, bessere Luftqualität, mehr Raum für Grün, mehr Bewegungsraum für den Fuß- und Radverkehr, mehr Freiraum für die Erwachsenen im öffentlichen Raum und mehr Spielraum für Kinder.“, heißt es bei den Verkehrsexperten Reutter.
Bei der GAL gehen etiliche Mitglieder mit gutem Beispiel voran. So fährt die Fraktionsvorsitzende Antje Jansen täglich mit dem Stadtverkehrbus zur Arbeit nach Kücknitz oder nutzt ihr E-Bike. Auch Rolf Klinkel, zweiter stellvertretender Stadtpräsident ist Fahrradfahrer oder nutzt den ÖPNV. „Früher bin ich zur See gefahren. Einen Autoführerschein habe ich nie gebraucht.“ Auch GAL Mitglied Katja Mentz fährt seit jeher mit ihren drei Kindern bei Wind und Wetter Fahrrad. „Für längere Fahrten, bei denen ich den ÖPNV nicht nutzen kann, nehme ich ein Stattauto. Doch ich erlebe täglich, dass parkende Autos die Gehwege blockieren. Das ist nicht nur sehr ärgerlich, weil Fußgänger*innen mit Kinder- oder Gehwagen dort oftmals nicht mehr passieren können. Für Kinder, die die Straße überqueren müssen, ist dies sogar lebensgefährlich.“ Und schließlich lebt auch der zukünftige Bürgermeister Jan Lindenau autofrei und geht als ÖPNV-Nutzer mit gutem Beispiel voran.
Für ein Umdenken in der Verkehrsplanung spricht auch, dass ein Pkw durchschnittlich nur eine Stunde am Tag bewegt und dabei von lediglich 1,5 Personen genutzt wird. Die restlichen 23 Stunden stehen Autos herum und verbrauchen wertvollen öffentlichen Raum.
„Mit unserem Antrag wollen wir die politische und gesellschaftliche Debatte voranbringen, wie bereits mit unserer Mobilitätsumfrage belegt wurde. Sehr viele Menschen in Lübeck verzichten bereits auf ein eigenes Auto oder sind unter bestimmten Umständen dazu bereit. Mit der Entwicklung eines autoarmen Wohnquartiers, inklusive der dazu gehörigen Infrastruktur, die weiterhin Mobilität ermöglicht, werden wir denjenigen gerecht, die bereits auf ein eigenes Auto verzichten und können gleichzeitig die Vorteile aufzeigen und Anreize zur Nachahmung schaffen.“, so die GAL. „Wir setzen auf breite Zustimmung zu unserem Antrag.„
Am 28. Februar lädt die GAL zu einer Veranstaltung mit dem anerkannten Verkehrsexperten Christian Hochfeld, Direktor des Thinktanks der Agora Verkehrswende Berlin ein. Dieser erläutert in seinem Vortrag „12 Thesen zur Verkehrswende“. Die Veranstaltung findet um 18:30 Uhr im Bürgerschaftssaal im Rathaus statt. Der Eintritt ist frei.