Linke & GAL kritisieren: Jamaika stoppt Schutz von Wohnraum
In der vergangenen Bürgerschaftssitzung stoppten die Jamaika-Fraktionen CDU, Grüne und FDP die von der Verwaltung erarbeitete Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Lübeck, indem sie einen gemeinsamen Antrag beschlossen, der wesentliche Änderungen der Satzung vorsieht. Von FDP und CDU wurden in der Debatte zur Verwaltungsvorlage mehrfach falsche oder irreführende Behauptungen verbreitet und Beispiele genannt, die laut Auskunft der Verwaltung gar nicht unter die Definition der Zweckentfremdung fallen. Die Fraktion Linke & GAL kritisiert, dass durch das Vorgehen der Jamaika-Fraktionen der Schutz von Wohnraum in Lübeck geschwächt, rechtliche Risiken erhöht und das Vertrauen in die Stadtverwaltung sowie in die demokratische Zusammenarbeit beschädigt werden. Zudem wird durch das Verbreiten unzutreffender Beispiele unnötige Verunsicherung in der Bevölkerung geschaffen.
Satzungsänderung rechtlich fragwürdig

„Die von Jamaika beschlossenen Satzungsänderungen sind rechtlich mindestens fragwürdig, teilweise sogar unzulässig“, so die Bürgerschaftsmitglieder der Fraktion Linke & GAL. „Mit der Beschränkung auf ein Verbot der Umnutzung von Wohnraum zu Ferienwohnungen, wird der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt. Das Land hat weitere Zweckentfremdungsgründe als die der Ferienwohnungen ausgeführt. Die wurden mit dem Antrag von CDU, Grünen und FDP jedoch komplett aus der Satzung gestrichen.
Auch die von Jamaika beschlossene verkürzte Geltungsdauer der Satzung auf vier Jahre widerspricht der Landesvorgabe, die grundsätzlich fünf Jahre Laufzeit vorsieht. Sollte die Satzung mit diesen Änderungen beschlossen werden, laufen wir erneut Gefahr, dass erfolgreich dagegen geklagt wird. Das wäre fatal für den Schutz von Wohnraum und obendrein kostspielig.“
Land SH erlässt Wohnraumschutzgesetz
Zum Hintergrund: Im Juli 2024 trat in Schleswig-Holstein das Wohnraumschutzgesetz in Kraft. Das ermöglicht Gemeinden, vorhandenen Wohnraum mit einer Zweckentfremdungssatzung zu schützen, wenn „die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist“ oder dringender Wohnungsbedarf besteht.
Dies ist in Lübeck der Fall. Die Verwaltung legte deshalb einen Satzungsentwurf vor, der sich eng an den Vorgaben des Landes orientiert. Dieser Entwurf wurde zuvor im Bau-, im Wirtschafts- sowie im Hauptausschuss behandelt.
Im Bauausschuss beantwortete die Verwaltung schriftlich mehrere Seiten umfassende Anfragen (angefügt als PDF am Ende des Artikels), die zur fachlichen Klärung beitrugen und öffentlich nachzulesen sind. Hierbei wurde sehr deutlich, dass beispielsweise weder das als Büro umgenutzte frühere Kinderzimmer, noch das leerstehende Haus, das über Monate saniert wird, eine Zweckentfremdung von Wohnraum darstellen. Eine Einliegerwohnung kann bei Eigenverwendungsbedarf mit dem Wohnhaus per Genehmigung zu einer Wohneinheit zusammengelegt werden.
FDP und CDU nennen irreführende Beispiele

„CDU und FDP haben in der Debatte wiederholt Beispiele wie das frühere Kinderzimmer genannt, um Bedenken gegen die Satzung zu schüren. Diese Fälle wären laut dem Entwurf der Verwaltung aber weiterhin erlaubt gewesen“, stellt Juleka Schulte-Ostermann (GAL) klar. „Die Satzung richtet sich ausdrücklich nicht gegen solche Alltagsfälle, sondern soll verhindern, das dringend benötigter Wohnraum dauerhaft dem Wohnungsmarkt entzogen wird. Falsche Beispiele sorgen hier nur für Verunsicherung und lenken vom eigentlichen Ziel ab: Schutz von Wohnraum.“
„Vielmehr sollte die von der Verwaltung vorgelegte Satzung zukünftig verhindern, dass Wohnungen im gesamten Stadtgebiet zu Ferienwohnungen umgewandelt werden und Wohnraum im großen Stil umgenutzt wird oder jahrelang leer steht, wie die 98 Wohnungen in der Damaschkestraße, die im August 2023 von der Wohnungsgesellschaft Vonovia leer gezogen wurden. Seitdem ist dort Stillstand“, so Andreas Müller, Vorsitzender der Fraktion Linke & GAL.
Schutz von Wohnraum geschwächt
Gegenüber solchen Bauruinen bleibt die Stadt nach Willen von CDU, Grünen und FDP nun auch zukünftig machtlos, denn mit ihrem Änderungsantrag wird sich die Satzung nur auf ein Verbot der Umnutzung zu Ferienwohnungen beschränken, nicht auf lang andauernden Leerstand.
Dazu beschlossen CDU, Grüne und FDP, dass bei widerrechtlich umgewandeltem Wohnraum zur Ferienwohnung maximal 30.000 Euro Bußgeld verhängt werden können, statt der von der Stadtverwaltung vorgesehenen maximalen 100.000 Euro. „Wenn das Bußgeld so stark gesenkt wird, kann sich die unerlaubte Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen eher lohnen. So wird der Schutz von Wohnraum zusätzlich geschwächt“, so die drei Bürgerschaftsmitglieder der Fraktion Linke & GAL.
Der Satzungsentwurf der Verwaltung sowie die ausführlichen Antworten auf die Anfragen zu Einzelbeispielen können hier nachgelesen werden: