GAL: Natur auf dem Priwall erhalten und schützen! Keine Bebauung am Kohlenhof!
Travemünder Gruppe für eine ökologische und soziale Entwicklung sucht Mitstreiter*innen.
Die GAL verteilt Aufkleber, die vorhandene Natur auf dem Priwall zu erhalten und zu schützen. Der Kohlenhof darf nicht bebaut werden!
Diese Forderung vertritt die GAL auch in der Bürgerschaft und in den Ausschüssen. „Der Baumbestand muss vollständig erhalten bleiben.“, so Carl Howe, baupolitischer Sprecher der GAL, und meint damit auch die Birkenallee entlang der Mecklenburger Landstraße.
Die GAL hatte vor drei Wochen zu einer Veranstaltung in Travemünde eingeladen, bei der das Fachgutachten über die Unterschutzstellung des Priwalls vorgestellt wurde. Das Gutachten bewertet die touristische Entwicklung auf dem Priwall äußerst kritisch. Natur und Umwelt seien gefährdet angesichts der stark zunehmenden Zahl von Touristen, die ihre Spuren zulasten von Wildtieren und Schutzgebieten hinterlassen. (*Siehe Auszug aus dem Gutachten unten.)
Aus dem Treffen ist eine Gruppe entstanden, die ein Konzeptpapier mit konkreten Forderungen entworfen hat, um Travemünde nachhaltig, ökologisch und sozial zu entwickeln. Das Papier soll bald der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Wir suchen noch weitere Mitstreiter*innen vor Ort. Menschen die sich in Travemünde und auf dem Priwall für die vorhandene Natur stark machen und der Gentrifizierung (Verdrängung vom Wohnungsmarkt durch hohe Mieten und teure Eigentumswohnungen) entgegen wirken wollen.“
Wer zu dem nächsten Treffen eingeladen werden möchte, schreibt bitte an:
gal-luebeck@web.de
Der Aufkleber liegt zur kostenlosen Mitnahme aus bei Haferkorn, Outdoor Ole, Sparkasse und Commerzbank in Travemünde.
*Auszug aus dem Gutachten „Schutzwürdigkeit und Schutzbedarf der Küsten- und Waldlandschaft des nördlichen Priwalls – Rickert & Jansen 2018“ :
„Aufgrund der erfolgten Verdichtung der Bebauung, des damit eingehenden Verlustes bisher unverbauter Küstenabschnitte und der im Bereich der „Waterfront“ jetzt durch die Silhouetten der Häuser an Stelle der zuvor von Wald geprägten Ostsee-uferseitigen Horizontlinie kommt es bei Zugrundelegung der o. g. Kriterien bereits zu einer Beeinträchtigung der bisherigen Qualität des Landschaftsbildes und damit der Erholungseignung.
Der bewaldeten Kohlenhofspitze kommt von Travemünder Seite und von der Trave aus gesehen aufgrund ihrer exponierten Lage eine besonders das Landschaftsbild prägende Wirkung zu. Ein Verlust des Waldbestandes in diesem Bereich z. B. durch weitere Bebauungsprojekte würde eine maßgebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes bedeuten. An dieser Stelle errichtete Gebäude würden das Landschaftsbild aufgrund der aus den westlichen Richtungen offenen Sichtachsen weiträumig beherrschen. Die von der Traveseite aus derzeit wahrnehmbare naturnahe Waldkulisse würde zerstört und somit das Landschaftsbild weiter erheblich beeinträchtigt. Langfristig besteht die Gefahr, dass durch weitere Erschließungen oder Bebauungen eine Unterbrechung der wertgebenden natürlichen Abfolge der Lebensräume vom Dünenbereich bis zum Klimaxwald erfolgt.
Für den Erhalt des hervorragenden Artenbestandes (vgl. Abschnitt „Auswertungen“) im Untersuchungsgebiet bedeutet die zu erwartende Steigerung der Übernachtungszahlen eine Gefährdung durch eine gegenüber der aktuellen Situation deutliche Zunahme der Frequentierung des Gebietes durch Erholungssuchende über die unschädliche Kapazitätsgrenze hinaus.
Die zu kartierenden Bereiche sowohl der Küstenlebensräume als auch des Waldes unterliegen aktuell einer stetigen, jedoch unterschiedlich intensiven Erholungsnutzung durch Anwohner, Tagesgäste und Touristen.
Der Strandbereich lässt sich in unterschiedlich stark genutzte Bereiche untergliedern:
- sporadische bzw. ausbleibende Nutzung in den ausgezäunten Bereichen der ge-schützten Dünen (teilweise Missachtung des Betretungsverbotes) und in den schwer bis nicht zugänglichen Bereichen der dichten Sanddorngebüsche
- kleinräumig intensivere Nutzung bzw. Trittbelastung z. B. in der Nähe der Strand-duschen
- intensive Nutzung des direkten Strandbereiches, im Bereich der Vordünen und in den Dünen vor allem im Bereich des FKK-Strandes mit Beeinträchtigungen sowohl der Vegetation als auch vor allem der Eignung als Brutplatz für die Avifauna wie z. B. für die Feldlerche,(Alauda arvensis).
Diese Nutzungsdiversität sorgt für eine zusätzliche standörtliche Heterogenität des Küstenabschnittes, so dass für einige konkurrenzschwache Pflanzenarten Standorte entstehen bzw. erhalten bleiben. So profitieren zum Beispiel gerade die seltenen Arten Silene conica (Kegel-früchtiges Leimkraut, RL-SH 1) und Phleum arenarium (Sand-Lieschgras, RL-SH 2) von einer moderaten Störung, beziehungsweise sind auf diese sogar angewiesen.
Dieser kleinflächig positiven Wirkung stehen die folgenden negativen Einflüsse der touristischen Frequentierung des Gebietes gegenüber:
- Beseitigung des organischen Materials im Bereich des Spülsaumes durch die Kurbe-triebe Lübeck. Die Ausbildung des LRT 1210 (Einjährige Spülsäume) wird durch die aus touristischen Gründen erfolgende Beseitigung des angeschwemmten organi-schen Materials verhindert. Es ist zu hinterfragen, ob diese durch die Nebenbestim-mungen der aktuellen Sondernutzungserlaubnis gestattete Praxis nicht einen Verstoß gegen §30(2) des BNatSchG in Form einer Handlung darstellt, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung dieses Küstenbiotopes führt.
- Vermüllung der Landschaft (trotz hoher Mülltonnendichte) sowohl im Wald als auch in den Strand- und Dünenbereichen. Durch die Kurbetriebe Lübeck wird der Müll im öffentlichen Bereich regelmäßig entfernt (Wege, direkte Strandbereiche). Abseits der Wege im Wald und in den gesperrten Dünenbereichen erfolgt keine Säuberung, was in diesen Bereichen zum Teil zu erheblichen Akkumulationen z. B. von leeren Glasflaschen führt.
- Verrichtung der Notdurft in den Dünen (vor allem in mit höheren Gehölzen bestandenen Dünenbereichen nahe der Landesgrenze) und im Wald mit deutlich sichtbarer Eutrophierungswirkung und in Folge Förderung nicht standorttypischer nitrophytischer Pflanzenarten.
- Störung von Wildtieren durch Verkehr / Straßen, Spaziergänger aufgrund der langen Randstrukturen des Waldes und die hohe Wegedichte im Wald.
Hinzu kommen folgende Beeinträchtigungen, die aus der unmittelbaren Nachbarschaft zum dicht besiedelten Bereich resultieren:
- Mehrere private illegale Gartenabfalldeponien in unterschiedlicher – z. T. erheblicher – Größe, insbesondere an den Grenzbereichen zwischen Wald und besiedeltem Bereich, in geringem Ausmaß auch im Dünenbereich entlang der Grenze zwischen Dünen und Wochenendhaussiedlung. Neben dem Umstand der illegalen Abfallbeseitigung erfolgte über Gartenabfälle bereits die Einschleppung und Etablierung von invasiven Neophyten wie z. B. Japanischer Flügelknöterich (Fallopia japonica) und Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum). Hinzu kommt die Eutrophierung der entsprechenden Bereiche, die zu einer unerwünschten Förderung nitrophytischer und ruderaler Arten auf Kosten der Wald- und Dünenflora führt.
- Aktives ‚Gärtnern‘ im gesperrten Dünenbereich seitens der Anlieger der Wochenendhaussiedlung mit Verfälschung der dünentypischen Vegetation sowie Eingriffen in die Gehölzbestände zur Freihaltung von Sichtachsen zum Strandbereich.
- Einwanderung von Gartenpflanzen in die Wald- und Dünenbereiche wie Filziges Hornkraut (Cerastium tomentosum), darunter aber auch invasive Neophyten, wie Kartoffelrose (Rosa rugosa) und Kanadische Goldrute (Solidago canadensis).
Zudem wird auf die Ausführungen zu den Problemarten verwiesen.
3.3 Bewertung der Schutzwürdigkeit und des Schutzbedarfes
3.3.1 Schutzwürdigkeit
Bei der Bewertung der Schutzwürdigkeit von Waldbeständen sind u. a. die Naturnähe der Vegetationszusammensetzung hinsichtlich der Baumarten, die Strukturvielfalt, die Habitat-vielfalt und das Vorkommen seltener und/oder bedrohter Tier- und Pflanzenarten zu berücksichtigen (Gemperlein & Heeschen 2002). Bereits am 13.6.1988 gab zudem das Ministerkomitee des Europarates die Empfehlung, dass ‚ancient natural and semi-natural woodlands‚ von den Mitgliedsstaaten erhalten sowie pfleglich genutzt werden sollen (Ministerkomitee [online]). Wulf (1994) prägte für den Begriff ‚ancient woodland‚ für den deutschen Sprachraum die Bezeichnung „historisch alter Wald“ und definiert diese als „Wälder auf Waldstandorten, die nach Hinweisen aus historischen Karten, Bestandsbeschreibungen oder aufgrund sonstiger Indizien mindestens seit mehreren 100 Jahren kontinuierlich existieren„. Das Kriterium „historisch alter Wald“ wird seit Beginn der 1990er Jahre in Deutschland bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit von Waldflächen berücksichtigt (Zusammenfassung NNA-Berichte 7, Heft 3 [online]). Dabei geht es nicht um das Alter der den aktuellen Bestand auf-bauenden Gehölze, sondern um die Dauer der kontinuierlichen Existenz von Wald am betrachteten Standort (= Bestockungskontinuität). Das geforderte Mindestalter liegt bei 200 Jahren. Die Bedeutung historisch alter Wälder für den Naturschutz liegt im Vorhandensein über lange Zeiträume gewachsener Lebensgemeinschaften, aber auch ungestörter Böden. Die anhand der Kartenquellen recherchierte Bestockungskontinuität von mindestens 140 bis maximal 220 Jahren belegt für zwei Teilbereiche das Vorhandensein historisch alter Waldstandorte, die allein schon aufgrund der langen Bestockungskontinuität schutzwürdig sind (s. o.).
Im Bereich der Sukzessionswaldbereiche fällt der große Strukturreichtum der Bestände auf. Dieser setzt sich aus einem reichen Totholzangebot sowie dem Vorhandensein markanter Einzel- und Habitatbäume zusammen (Beispiele siehe Bildtafel).
Aufgrund dieses Strukturreichtums, des Bestandsaufbaus aus überwiegend heimischen Laubhölzern und mit Blick auf den Prozessschutz bei der natürlichen Weiterentwicklung zum Klimaxwald sind auch die jüngeren Waldbereiche als naturschutzfachlich wertvoll einzustufen. Zusätzlich wurden sie bereits bei GGV (2002) aufgrund der nachgewiesenen Brutvogel- und Fledermausarten als hochwertig angesehen.
Ferner bilden die Waldbereiche Verbindungsachsen und Ruheräume für Erholungssuchende und gliedern dadurch den dicht besiedelten Bereich nördlich der Mecklenburger Landstraße. Die Funktion als Verbindungsachsen bezieht sich auch auf die Funktion der Waldbereiche im Biotopverbund zwischen den bewaldeten Bereichen des südlichen Priwalls und – zusammen mit den Gehölz bestandenen Bereichen der Naturschutzgebiets-„Exklave“ südlich der Mecklenburger Landstraße und dem Straßenbegleitgrün – deren Anbindung an die Waldbereiche auf Mecklenburger Seite.
Die grundsätzliche Schutzwürdigkeit der Küstenlebensräume ergibt sich aus dem flächenhaften Vorkommen von nach §21 LNatSchG bzw. §30 BNatSchG geschützten Biotopen im Bereich der gesamten Küstenlebensräume zwischen der Süder-Mole und der mecklenburgischen Landesgrenze. Bei den vorkommenden Biotopen handelt es sich zudem fast ausnahmslos um FFH-Lebensraumtypen (Code 1220-Mehrjährige Vegetation der Kiesstrände, 1330-Atlantische Salzwiesen, 2160-Dünen mit Hippophae rhamnoides und den prioritären LRT 2130-Festliegende Küstendünen mit krautiger Vegetation).
Die im Rahmen der hier vorgelegten floristischen Kartierung nachgewiesenen 39 nach BNatSchG besonders geschützten und/oder Rote Liste Arten Schleswig-Holsteins und Deutschlands kommen bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich in den Küstenlebensräu-men vor. Darunter Vorkommen des Kegel-Leimkrautes (Silene conica, RL-SH 1) und des Sand-Lieschgrases (Phleum arenarium, RL-SH 2), die aufgrund ihrer Seltenheit (im Falle des Leim-krautes) bzw. aufgrund der Größe der Bestände (im Falle des Lieschgrases) bereits bei GGV (2002) als „von landesweiter Bedeutung“ eingestuft wurden. Gleiches gilt nach GGV (ebd.) für die Gruppe der Stechimmen (56 Arten, u. a. Wiederfund der in Schleswig-Holstein ver-schollenen Kegelbiene Coelioxys conoidea) und Laufkäfer. Als bezüglich der Artausstattung hochwertig und von regionaler Bedeutung werden die Bereiche für die Gruppe der Heuschrecken und der Winter- und Rastvögel eingestuft. Mit Neuntöter (Lanius collurio) und Sperbergrasmücke (Sylvia nisoria) wurden im Bereich der Vordüne – vermutlich im Bereich der Sanddorngebüsche – auch zwei Vogelarten des Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie als Brutvögel nachgewiesen.
Aufgrund der Arten- und Biotopausstattung der Küstenlebensräume sollte für diese eine höhere Schutzkategorie als der Status eines Landschaftsschutzgebietes in Betracht gezogen werden. Für die besonders wertvollen Lebensräume wird die Ausweisung eines Naturschutzgebietes vorgeschlagen, das innerhalb des ebenfalls auszuweisenden Landschaftsschutzgebietes quasi die „Kernzone“ bildet und das auf Mecklenburger Seite bestehende NSG auf Schleswig-Holsteinischer Seite fortsetzt.“