Vorrade wird zur Dauerbaustelle – noch viele Fragen sind ungeklärt

Für die Bevölkerung Vorrades werden ab Januar 2025 harte Zeiten anbrechen. Die Entsorgungsbetriebe Lübeck planen, ab dem 20. Januar 2025 die Straße ab Ortseingang Richtung Wulfsdorf voll zu sperren – für circa zwölf Monate. Grund hierfür sind Baumaßnahmen, um Vorrade an das Lübecker Kanalnetz anzuschließen. Hierfür wird die gesamte Hauptstraße mittig aufgegraben, um Rohrleitungen zu verlegen. Damit wird eine Durchfahrt unmöglich.

„Im letzten Werkausschuss wurde die Planung vorgestellt“,berichtet Ronald Thorn, Vorstandsmitglied der Wähler*innengemeinschaft GAL und Anwohner von Vorrade.„Die Arbeiten sind notwendig, daran führt kein Weg vorbei. Kritisch sehe ich jedoch, dass zwischen der Bevölkerung Vorrades und denjenigen, die die Planung durchführen, wenig Kommunikation stattgefunden hat. Im November 2022 gab es eine Infoveranstaltung der Entsorgungsbetriebe für Grundstückseigentümer*innen. Am 13. Dezember 2024 kam dann ein Schreiben mit der Ankündigung des Baubeginns. Dazwischen gab es keinen Austausch“, kritisiert Ronald Thorn. „Es muss doch im Interesse aller sein, für einzelne Probleme, die durch die Baumaßnahme entstehen, möglichst gute Lösungen zu finden.“

Vor allem die Verkehrsanbindung wird problematisch.

„Mit dem Pkw einen elf Kilometer Umweg zu fahren, ist vielleicht noch zumutbar. Die ÖPNV-Nutzenden, die hier vor allem Schulkinder sind, sollen jedoch mit einem kleinen Shuttle-Bus mit zwanzig Sitzplätzen von der Ortsmitte nach Krummesse zur Bushaltestelle gebracht werden, von wo aus die Fahrt mit einem Linienbus in Richtung Lübecker Innenstadt fortgesetzt werden soll. Das bedeutet für einige Kinder eine zusätzliche Schulwegzeit von über 45 Minuten. Das ist aus unserer Sicht nicht zumutbar. Auch werden die zwanzig Sitzplätze beim morgendlichen Schulverkehr nicht ausreichen“, prognostiziert Ronald Thorn. Als problematisch wird außerdem angesehen, dass der Bus ausschließlich auf der Strecke Vorrade-Wulfsdorf-Beidendorf-Krummesse und zurückfahren soll.

Vorschlag der EBL: „Elterntaxis“

„Alternativ schlagen die Entsorgungsbetriebe Lübeck vor, dass Eltern sich privat organisieren und einen Fahrdienst einrichten. Es müsse dann von den Anliegenden ein provisorischer Sammelplatz am Ortsausgang in Richtung Lübeck eingerichtet werden. Die meisten sind berufstätig, haben KiTa- sowie Schulkinder. Wie stellen sich die Verantwortlichen das vor?“

„Ein Shuttle-Service für Erwachsene wurde am Gustav-Radbruch-Platz in beide Richtungen zur Beckergrube in kurzer Zeit und für erhebliche Kosten eingerichtet, aber wenn es um die Bedürfnisse von Kindern in den Lübecker Dörfern geht, scheint nur das Mindeste an Lösungen angeboten zu werden. Das ist nicht in Ordnung. Es ist dringend notwendig, auch auf der anderen Seite der Baustelle in Vorrade einen Shuttle-Bus oder zu weniger stark frequentierten Tageszeiten ein Ruftaxi für die Schulkinder und die anderen ÖPNV-Nutzenden einzurichten, der sie verlässlich zur nächsten Bushaltestelle an der Kronsforder Landstraße bringt. Von dort können sie dann in den Bus Richtung Innenstadt umsteigen. Alles andere würde den Kindern aufgrund der enormen zusätzlichen Zeitaufwände, die dadurch entstehen, nicht gerecht werden“, betont Juleka Schulte-Ostermann, GAL-Bürgerschaftsmitglied sowie kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Fraktion Linke & GAL. „Im nächsten Hauptausschuss werde ich daher einen Antrag einbringen, der einen Shuttle-Bus zu den üblichen Busfahrzeiten in beide Richtungen zwischen Vorrade und Krummesse sowie Vorrade und der Kronsforder Landstraße fordert.“

Privatgrundstücke zum Teil nicht mit dem Pkw erreichbar

Für die Anwohnenden in Vorrade wird es im Bauverlauf so sein, dass sie aufgrund der wandernden Straßensperrung ihre Grundstücke zeitweise nicht anfahren können. Ungeklärt ist, wo die jeweiligen Anwohnenden in dieser Zeit ihre PKW abstellen könnten“, so Ronald Thorn. Er empfiehlt die Ausweisung einer zentralen Stellplatzfläche für die Betroffenen. Hinzu kommt, dass einige ein Elektrofahrzeug haben, das normalerweise auf dem Privatgrundstück an der Ladesäule geladen wird. Sind die Grundstücke nicht erreichbar, müssen die Fahrzeuge zu deutlich höheren Tarifen extern geladen werden. Es sollte einen Ausgleich der Mehrkosten für die betroffenen Anwohnenden geben oder alternativ die Möglichkeit, an städtischen Ladesäulen zum Haustarif laden zu können. Es mag einigen als Luxusproblem erscheinen, aber für uns Dorfbewohnende ist die Abhängigkeit vom Pkw leider noch groß. Der Bus der Stadtwerke fährt am Wochenende zum Beispiel gar nicht“, erklärt Ronald Thorn.

Auch für Gewerbetreibende in Vorrade bedeutet die langwierige Baumaßnahme Ärger. Einzelne Gewerbetreibende fürchten durch die lange Bauzeit den Verlust der Kundschaft und dadurch erhebliche finanzielle Einbußen.

Die Entsorgungsbetriebe Lübeck sichern die Erreichbarkeit der jeweiligen Grundstücke für zu Fuß Gehende und Radfahrende jederzeit zu. Auch Rettungsfahrzeuge werden den gesperrten Straßenabschnitt im Einsatzfall passieren können. Keine Aussage jedoch wird zur Erreichbarkeit für Brief- und Paketzustellung, Pflegedienste, Handwerk etc. getroffen.

Ausnahmen für landwirtschaftliche Fahrzeuge

Fraktionsvorsitzender Andreas Müller (Linke) ergänzt abschließend: „Für den landwirtschaftlichen Verkehr gelten während der Baumaßnahme Sonderregelungen und es wird eine provisorische Wegführung über nicht-öffentliche Flurstücke geben. Eventuell besteht ja auch die Möglichkeit, dass diese teilweise auch für den Anliegende geöffnet wird. Dies muss zumindest miteinander besprochen werden.“