Journalismus in der Zwickmühle? Medien zwischen Kommerz und Verantwortung
Der Vortrag und anschließende Podiumsdiskussion „Journalismus in der Zwickmühle? Medien zwischen Kommerz und Verantwortung“ wird am Sonntag, 28.05.2017, um 14 Uhr im Rahmen der Reihe „Kultur en Bloc“ von Lübeck FM 98,8 übertragen.
Unsere Fraktion GAL hatte am 27. April zu einer gut besuchten Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Journalismus in der Zwickmühle?“ eingeladen. Das Impulsreferat wurde durch den Medienexperten Dr. Thorsten Philipps gehalten.
Im Anschluss wurde mit den weiteren Gästen Gerald Goetsch, Chefredakteur der Lübecker Nachrichten, Dr. Mechthild Mäsker, Studioleiterin des NDR sowie Harald Denckmann, Bürgerschaftsredakteurdes Offenen Kanals und HL-Live, moderiert durch Nils-Holger Schomann, diskutiert. Im Gespräch wurde darauf eingegangen, worin die Schwierigkeiten bestehen, die Stammleserschaft bzw. Hörerschaft zu halten – oder besser noch, wie es die New York Times durch Faktenchecks geschafft hat, die Zahl der Auflage zu steigern. Um welche Mischung aus Nachrichten und bunter Unterhaltung es dabei geht, ist abhängig von der entsprechenden Zielgruppe. Auch die Unterschiede des inhaltlichen Formats der Lübecker Nachrichten gegenüber dem Online Medium HL-Live wurden deutlich. Beide lassen Meinungen von Leser*innen in Form von Kommentaren bzw. Leserbriefen zu. Diese, so Wortmeldungen aus dem Publikum, werden nicht selten als jenseits des guten Geschmacks oder auch persönlich verletzend empfunden. Dabei werden die schlimmsten Zuschriften nicht veröffentlicht, verteidigte der Redakteur von HL Live das Prinzip der Veröffentlichung von zahlreichen Fremdmeldungen und Kommentaren. Mit einem kleinen Team werden auch eigene Artikel produziert, können von der Anzahl und vom Umfang jedoch nicht mit einem Apparat wie bei den Lübecker Nachrichten mithalten. Wer einen gut verständlichen und kurzen Leserbrief zu einem Artikel in den LN schreibt, habe gute Chancen auf Veröffentlichung, so Gerald Goetsch auf die Frage, ob mit der Auswahl von Leserbriefen bewusst Stimmung gemacht würde oder was die Kriterien für die Veröffentlichung seien. Beim NDR besteht online die Möglichkeit, Kommentare abzugeben sowie über das Kontaktformular jede Redaktion mit Vorschlägen und Ideen zu erreichen.
Warum über ein „rosa U-Boot“, das niemals wirklich rosa werden sollte, mehrmals berichtet wurde, während die real stattfindende Friedensdemo am Samstag vor Ostern in den LN keine Erwähnung fand, erklärte der Chefredakteur damit, dass die Geschichte, das Museums-U-Boot U-995 in Kiel rosa anzustreichen, ein Wahlkampf-Gag war, für den sich auch die Initiatorin nicht zu schade war, mit rosa Farbe und Farbrolle für ein Foto zu posieren. Diese Geschichte habe die Leute gut unterhalten, während die Ankündigung des Ostermarsches auch für die Presse nicht wahrnehmbar war. Außerdem, so gestand er, habe die Lübecker Redaktion das Thema „rosa U-Boot“ beim ersten Mal klein aufgezogen, während z.B. Kieler Nachrichten eine große Meldung mit Montagebild daraus gemacht hatten. Da musste die Lübecker Zeitung nachziehen. Der NDR dagegen hat das Thema bewusst nicht aufgegriffen, weil es Wahlwerbung war.
Aus dem Publikum kamen zahlreiche Fragen, so dass die Veranstaltung sich zügig zu einer offenen und lebendigen Diskussionsrunde entwickelte.
Der Sendetermin der gesamten Veranstaltung im Offenen Kanal Lübeck, FM 98,8 ist für Sonntag, 7. Mai, 14 Uhr im Rahmen der Reihe „Kultur en Bloc“ vorgesehen.