GAL ist sauer: Immer noch kein barrierefreier Übergang über den St.-Jürgen-Ring
„Der muffige Geruch schlägt einem schon auf der Rampe entgegen. Die Wände sind mit Graffiti vollgeschmiert, nachts trauen sich viele Frauen hier nicht mehr durch. Behinderte können den Tunnel unter dem St.-Jürgen-Ring hindurch überhaupt nicht nutzen.“
So beginnt ein Artikel über den Fußgängertunnel im Zuge des Mönkhofer Weges im Jahre 2013 (LN, 12. 10. 2013, S. 14). Geändert hat sich bisher nichts. Die St.-Jürgen-Runde hatte 2012 mit Unterstützung der Läden im Umfeld (Edeka, Rewe, Bäckerei im Mönkhofer Weg) rund 750 Unterschriften für einen barrierefreien Fußgängerüberweg über den St.-Jürger-Ring gesammelt. Doch erst unsere neue Bausenatorin Frau Hagen nahm die Unterschriften 2018 entgegen. Sie fand einen Weg, im Rahmen der Sanierung der Wakenitzbrücke den Überweg mit Ampel einzuplanen. Die Planungskosten wurden im Haushalt 2020 bereitgestellt, die Baukosten für 2022 vorgemerkt.
Bisher ist die Planung nicht ausgeschrieben. Im Haushaltsplan 2021 fehlt der Tunnel völlig. Auf unsere Nachfrage erhielten wir vom Bereich Haushalt und Steuerung die folgende Antwort:
„Es ist richtig, dass für die Querung St.-Jürgen-Ring für 2021 keine Anmeldung erfolgt ist. Die personellen Kapazitäten müssen für Unfallschwerpunkte eingesetzt werden. Die aktuelle Querung des St.-Jürgen-Rings ist nicht barrierefrei, allerdings kein Problempunkt hinsichtlich von Unfällen. Daher muss die Planung und Umsetzung leider verschoben werden.“
Die Begründung stammt vom Fachbereich Planen und Bauen.
„Es ist ein Unding, dass der Baubereich abwägen muss, ob er sein Personal zur Beseitigung von Unfallschwerpunkten oder zur Beseitigung des maroden, unzumutbaren Tunnels einsetzt. Das ist die Folge der Stellensperre unseres alten Bürgermeisters. Der Baubereich wurde kaputt gespart. Diese Sparpolitik habe ich immer kritisiert und als kurzsichtig bezeichnet. Jetzt bekommen wir die Quittung,“ schimpft unsere Fraktionsvorsitzende Antje Jansen.
„Ich bin Bauingenieur,“ sagt unser langjähriges Mitglied im Bauausschuss Carl Howe. „Bei meiner Berufswahl konnte ich mir in meinen schlimmste Alpträumen nicht ausmalen, jemals Beseitigung von Unfallschwerpunkten gegen Barrierefreiheit abwägen zu müssen. Beides ist unverzichtbar. Den Tunnel benutzen notgedrungen über 1000 Menschen pro Tag. Die meisten sogar zweimal. Warum kann man nicht die Sanierung von Nebenstraßen oder sogar vorhandener Radwege, die von weit weniger Menschen genutzt werden, verschieben und den Tunnel wie geplant beseitigen?“
„Ich bin enttäuscht,“ stellt der Sprecher der St.-Jürgen-Runde und GAL-Mitglied Volker Koß fest. „Ich benutzte den Tunnel häufig. Vor 25 Jahren schob ich mein Fahrrad auch mit meiner Tochter im Kindersitz die Rampen rauf und runter. Das traue ich mir heute mit meiner Enkelin nicht mehr zu. Seit die Wakenitzbrücke saniert wird und der Verkehr nur noch über 2 Fahrspuren läuft, fahre ich mit dem Fahrrad lieber über den St-Jürgen-Ring. Das erscheint mir ungefährlicher als die Rampen und Treppen des Tunnels. Und viele andere Fußgänger und Radfahrer denken und handeln genauso.“
Die Fraktion Freie Wähler und GAL wird in der kommenden Bürgerschaftssitzung beantragen, das Projekt „Baumaßnahme St. Jürgen Ring /Unterführung, Produktsachkonto 544001 038“ wie geplant im Haushalt weiterzuführen.
Weiterhin
werden wir eine Vollzeitstelle für den Bereich 5 fordern, um die dazu
notwendigen Vorarbeiten zu erledigen. Doch offensichtlich fällt es dem
FB5 schwer, die vorhandenen Planstellen zu besetzen. Wir werden den
Bürgermeister auffordern, langfristig eine Kooperation mit der TH Lübeck
zu suchen, um entsprechende AbsolventInnen der TH für die Lübecker
Verwaltung zu gewinnen.