GAL kritisiert soziale Kälte im Sozialausschuss

Im Sozialausschuss am 10. Oktober 2017 wurden mit Stimmen der CDU, SPD, BfL und FDP Anträge abgelehnt, die zu einer Verbesserung der Unterbringungssituation von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften führen sollten. Zuvor hatten GAL Politiker*innen öffentlich kritisiert, dass Geflüchtete über sehr lange Zeit auf lediglich sechs Quadratmetern pro Person in einem Mehrbettzimmer untergebracht sind. Die Standards inklusive der Ausstattung für die Unterbringung sind auf maximal zwölf Monate ausgerichtet. Die Verwaltung gab vor, die Unterbringungszeit in den Gemeinschaftsunterkünften betrage derzeit durchschnittlich 12,6 Monate. „In der Statistik sind jedoch auch hier geborene Kinder erfasst. Uns sind viele Betroffene bekannt, die länger als 24 Monate auf engstem Raum in den Unterkünften leben und kaum Chancen auf eigenen Wohnraum haben. Diese Wohnsituation über lange Zeiträume ist sehr belastend. Die räumliche Enge ermöglicht kein zur Ruhe kommen und erschwert die Integration, berichteten auch Experten vom Flüchtlingsforum und der SonntagsDialoge.“

Die Ablehnung aller Punkte des GAL Antrags sind für die Bürgerschaftsmitglieder Rolf Klinkel und Katja Mentz nicht nachvollziehbar. „Der Sozialausschuss verdient seinen Namen nicht.“, so Katja Mentz. „Wir beantragten zum Beispiel Lernräume, damit Schulkinder in Ruhe Hausaufgaben machen oder Auszubildende für eine Prüfung lernen können. Diese aus Kostengründen abzulehnen, ist absurd. Auch Mitglieder anderer Fraktionen hatten sich über die schlechte Ausstattung geäußert, nun aber eine Standardverbesserung aus Kostengründen abgelehnt. “

„Da wird von einzelnen Fraktionen ernsthaft eine Bewerbung als Kulturhauptstadt in Betracht gezogen, die Kosten von 60 bis 70 Millionen Euro nach sich zieht. Und für kleine Verbesserungen, die dazu beitragen, das Leben in den Unterkünften etwas erträglicher zu machen, ist kein Geld da? Das ist empörend.“, so Rolf Klinkel, sozialpolitischer Sprecher der GAL.

Im Sozialausschuss wurde von der Verwaltung berichtet, dass eine 70-prozentige Auslastung  jährlich 700.000 Euro Mehrkosten verursachen würden. „ Ohne die Quadratmeterzahl pro Person zu erhöhen und damit eine geringere Auslastung zu erzeugen, werden wir auf eine 100 Prozent Auslastung zusteuern und überfüllte Unterkünfte haben“, ist Katja Mentz besorgt. „Die Verwaltung erwartet im kommenden Jahr 600 neu ankommende Flüchtlinge in Lübeck. Derzeit werden in Lübeck Unterkünfte aufgegeben und die Bewohner*innen auf weniger Standorte verteilt. Bei gleichbleibend schwieriger Prognose auf dem Wohnungsmarkt bedeutet es, dass  mehr Menschen auf noch engerem Raum noch länger in den Unterkünften verbleiben. Das ist unverantwortlich. Wir haben die Möglichkeit,  etwas Entlastung in den Gemeinschaftsunterkünften zu schaffen. Das sollten wir jetzt tun.“, so die GAL. Der Antrag wird erneut in der Bürgerschaft behandelt. Die GAL Fraktion appelliert an alle Fraktionen, die ablehnend gegenüber Verbesserungen der Unterkunftssituation stehen, sich die Zeit bis zur Haushaltssitzung zu nehmen, um Gespräche mit Flüchtlingsinitiativen und Betroffenen zu führen.

Der GAL Antrag im Wortlaut:

Wohnperspektive für Geflüchtete schaffen, Standardgröße und – ausstattung bei der Unterbringung Geflüchteter verbessern

Überweisungsauftrag aus der Sitzung der Bürgerschaft am 28.09.2017

Die Bürgerschaft hat zu Punkt 5.11 VO Nr. 5237 den nachstehend aufgeführten Antrag der GAL-Fraktion einstimmig an den Ausschuss für Soziales überwiesen:

Anschließend ist eine erneute Beratung in der Bürgerschaft vorgesehen!

  • Bis ausreichend bezahlbarer Wohnraum für alle geschaffen wurde, wird für die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete die Quadratmeterzahl pro Person erhöht, mindestens verdoppelt, wenn die Verweildauer in einer Gemeinschaftsunterkunft voraussichtlich die ursprüngliche Höchstdauer von zwölf Monaten übersteigen wird oder diese bereits überschritten hat.
  • Um dies zu erreichen, werden gut geeignete Unterkünfte nicht aufgegeben.
  • Die Anmietung von gewerblichem Wohnraum ist zu ermöglichen, wenn die Kosten hierfür die Kosten einer nicht-gewerblichen Unterkunft im Durchschnitt um nicht mehr als 20 Prozent übersteigen.
  • Die Standardausstattung in den Zimmern und Containern der Gemeinschafts-unterkünfte für Geflüchtete wird auf die zur Zeit längere Aufenthaltsdauer ausgerichtet, ergänzt bzw. erneuert.
  • Zur Grundausstattung gehören Bett, Tisch, Stühle, ausreichend große Schränke für Bekleidung und andere persönliche Gegenstände. Wenn Brandschutzbestimmungen es erlauben, soll es den Bewohner*innen ermöglicht werden, die Unterkunft individuell einzurichten, so dass zukünftig auch ein Sofa, ein Teppich oder ähnliches zur Grundausstattung zählen.
  • Für geflüchtete Menschen mit Behinderung muss in den Unterkünften entsprechend ihrer Behinderung Barrierefreiheit gewährleistet werden.
  • Neben der Anhebung der Standards sollen Spiel- und Lernräume für Kinder sowie Aufenthaltsräume für Erwachsene die Unterbringungssituation verbessern.
  • Es möge berichtet werden, in welchem Zeitraum der Bedarf an Sozialwohnungen und Wohnungen im Niedrigpreissegment voraussichtlich gedeckt sein wird.