GAL: Umsetzung der Kitagesetz-Reform mit vielen Verbesserungen
Antje Jansen, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler & GAL beurteilt die Beschlüsse der Bürgerschaft zur Umsetzung der Kitagesetz-Reform in Lübeck unterm Strich positiv: „Wir konnten mit dem interfraktionellen Beschluss viele Verbesserungen für Lübecks Eltern erwirken. Unsere Forderung, die Geschwisterermäßigung auch für Kinder in der Betreuten Grundschule, im Hort und in Ganztag an Schule anzuwenden, wurde beschlossen. So erfahren Eltern mehrerer Kinder in Betreuungseinrichtungen eine erhebliche finanzielle Entlastung. Anders gesagt: Ohne die Ausweitung der Geschwisterermäßigung hätten Eltern mehrerer Kinder trotz Beitragsdeckel höhere Betreuungskosten gehabt.
Ein Konzept für Inklusion
Wir begrüßen, dass die unsäglich diskriminierende und gesetzeswidrige Klausel aus der Entgeltordnung gestrichen wurde, Kindern aufgrund erhöhten Förderbedarfs den Betreuungsplatz kündigen zu können. Diese Klausel verstieß unter anderem gegen die UN Behindertenrechtskonvention. Auch darauf mussten Elternvertretungen und wir als Fraktion GAL und Freie Wähler erst aufmerksam machen. Es kann nicht sein, dass Kinder die Leidtragenden dafür sind, dass es nicht ausreichend qualifiziertes Betreuungspersonal gibt. Wir müssen dafür sorgen – wenn wir Inklusion als gesamtgesellschaftliche Aufgabe ernst nehmen, dass – egal in welchem Stadtteil, alle Kinder einen Betreuungsplatz erhalten können, gemeinsam miteinander aufwachsen und nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten gefördert werden.
Deshalb freuen wir uns umso mehr, dass unser Antrag beschlossen wurde, bis zum Jahresende ein Konzept zu erstellen, wie Inklusion in Lübeck gelingen kann. Wir brauchen ein Konzept, damit Inklusion und die Erfüllung der rechtlichen Ansprüche der Kinder mit Behinderung nicht nur leere Worte sind.
Es bedarf Strukturen, die den Mitarbeitenden in den Kitas Inklusion überhaupt erst möglich machen. In dem Konzept soll konkret benannt werden, was es in Lübeck braucht, welche Personalkapazitäten und Räumlichkeiten fehlen, um Inklusion umzusetzen. Mitarbeiter*innen und Kitaleitungen sollen an dieser Konzepterstellung mitwirken.
Kritisieren müssen wir jedoch, dass die Stadt sich eine Kündigung aus „wichtigem Grund“ vorbehält und hierbei bewusst keine juristische Definierung der Begriffe „wichtiger Grund“ vornimmt. Damit bleibt eine undurchsichtige Hintertür offen.
Positiv sehen wir, dass es künftig keine Jahresverträge mehr gibt und damit Planungssicherheit insbesondere auch für Eltern besteht.
Mehr Transparenz in der Kindertagespflege
Unser Antrag, Zahlen zu den bestehenden Betreuungsverhältnissen in der Kindertagespflege offen zu legen, ist mehrheitlich beschlossen worden. Das sehen wir als dringlich an. Denn den jugendpolitischen Sprecher*innen fehlen aktuelle Zahlen darüber, wie viele Kindertagespflegepersonen derzeit in Lübeck tätig sind. Auch wollen wir mit unserem Antrag wissen, in welchen Stadtteilen jeweils wie viele Kindertagespflegeplätze zur Verfügung stehen und wie viele Kinder ausschließlich aufstockende Kindertagespflege ergänzend zur Betreuung in einer Kindertageseinrichtung benötigen. Dies sind Zahlen, die mit den jeweiligen Kita-Angeboten in den Stadtteilen in Verbindung stehen. Fragen zum Alter der Kinder, zu besonderem Förder- und Betreuungsbedarf sowie zum Alter der betreuenden Personen sind wichtig, um eine transparente Planung und den Bedarf zu ermitteln. Auch die Vertretungsregelung, für den Fall, dass eine Kindertagespflegeperson erkrankt, ist bisher nicht zur Zufriedenheit gelöst, obwohl die Kitagesetz-Reform es zukünftig vorschreibt.
Sondersitzung zum Thema Kindertagespflege abgelehnt
Damit wir aktuelle Entwicklungen und bestehende Probleme mit ausreichend Zeit und vor allem auch im Beisein der Betroffenen thematisieren können, beantragten wir eine Sondersitzung des Jugendhilfeausschusses, bei dem sich ausschließlich mit dem Thema Kindertagespflege hätte beschäftigt werden sollen. Doch die Mehrheit in der Bürgerschaft mit SPD und CDU lehnte diesen Antrag ab. Das kritisieren wir scharf; die durch die Bürgerschaft beschlossene Entgeltordnung der Hansestadt Lübeck betrifft schließlich auch in erheblichem Maße die Kindertagespflege. So wird zum Beispiel die Sachkostenpauschale von 1,73 Euro auf 1,10 Euro je Kind und Stunde gesenkt. Das sind erhebliche Einbußen für Kindertagespflegepersonen, die sich in Qualitätseinbußen niederschlagen werden – es sei denn, die Kindertagespflegeperson trägt die Mehrkosten aus eigener Tasche. Ist das so gewollt von SPD und CDU? Unsere Kritik daran, aber auch die Situation allgemein wollten wir in einer Sondersitzung thematisieren und die Betroffenen dazu hören. Kindertagespflege muss für die Fraktionen offen und transparent werden, wenn wir darüber Beschlüsse fassen.
Transparenz beim Elternbeitrag für Verpflegung
Ein größeres Problem sehen wir auch darin, dass der Begriff „angemessene Verpflegungskosten“ weder auf Landesebene noch in Lübeck genau definiert ist.
Wir richten unsere Kritik an dieser Stelle insbesondere nach Kiel. CDU, FDP und GRÜNE hätten es auf Landesebene regeln müssen, wie hoch „angemessene Verpflegungskosten“ sind oder maximal sein dürfen. Wenn es in Lübeck dazu führt, dass Eltern, die Transferleistungen erhalten, die Verpflegungskostenpauschale nicht erstattet bekommen und deshalb 30 Euro aus eigener Tasche zahlen müssen oder der Elternbeitrag für Essen bei einem Freien Träger fast doppelt so hoch ist wie bei der Stadt, dann stimmt hier etwas ganz gewaltig NICHT. Als GAL und Freie Wähler bleiben wir dran am Thema.
30 PIA Stellen
Mit dem interfraktionellen Antrag haben wir auch beschlossen, dass in Lübeck bis zu 30 Ausbildungsplätze für Erzieher*innen finanziert werden. Dies ist eine Forderung eines alten Antrags der GAL. Denn bei allen Rufen nach Qualitätsverbesserung ist eines klar, wir brauchen mehr gut qualifiziertes Personal. Dass Auszubildende ihre Ausbildung zur Erzieher*in in den meisten Bundesländern selbst finanzieren müssen, ist ein Grund, warum deren Attraktivität bei der Berufswahl stark gesunken ist. Wer die Möglichkeit hat, wird sich derzeit eher für ein Studium entscheiden. Wir sehen es jedoch grundsätzlich als Aufgabe des Bundes, nicht der Kommune an, dafür zu sorgen, dass die Ausbildung vergütet wird. Deshalb setzen wir uns mit dem interfraktionellen Antrag auch dafür ein, dass zukünftig Fördermittel vom Bund verwendet werden, um die praxisintegrierte Ausbildung zu fördern.
Ziel bleibt Qualitätsverbesserungen in der Kinderbetreuung
Unser Ziel als GAL und Freie Wähler bleibt es, die Qualität in der Kinderbetreuung kontinuierlich zu steigern, so wie es auch von der Fachwelt empfohlen wird: kleinere Gruppen, mehr Fachpersonal, multiprofessionelle Teams, räumliche Verbesserungen, ein warmes Mittagessen für alle Kinder, um einige Punkte zu benennen.
Dank an die Elternvertretungen und Elternstimme
Ausdrücklich bedanken möchten wir uns bei der Kreis- und Stadtelternvertretung sowie dem Verein Elternstimme. Offiziell gewählt, sind Elternvertretungen neben Beruf und Elternarbeit ehrenamtlich tätig, legen den Finger in die Wunden, weisen uns auf Probleme in der Kinderbetreuung hin und überzeugen mit Kompetenz. Dass sie hierfür immer wieder unsachliche Kritik von der zuständigen Senatorin und der jugendpolitischen Sprecherin der CDU erfahren, finden wir ungeheuerlich. Denn als offiziell gewählte Delegierte ist es die Aufgabe von KEV und SEV, die Interessen von Kindern und Eltern zu vertreten – und nicht schweigsam alles abzunicken.“