Klage gegen Zwangszuweisung von AKW Abfällen

„Wir gehen davon aus, dass der Bürgermeister gegen den nun erfolgten Zwangszuweisungsbescheid des MELUND klagen wird und fordern dazu auf, dies unverzüglich zu tun. Im November 2019 haben wir in der Bürgerschaft mehrheitlich beschlossen, dass mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindert werden soll, dass Abfälle aus dem AKW-Abbau auf der Deponie Niemark eingelagert werden. Sollte dieser Beschluss für eine Klage nicht ausreichend sein, werden wir einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag in der Bürgerschaft stellen. Die Ergebnisse der kürzlich erfolgten Umfrage bei Lübecker Bürgerinnen und Bürgern geben uns hierfür Rückenwind“, so Antje Jansen, Bürgerschaftsmitglied der GAL.

https://www.ausgestrahlt.de/media/flyer_freigemessen-und-vergessen.pdf

„Allein die immer wieder gravierend schwankenden Mengenangaben, wie viel Abfall der Grüne Landesminister nach Lübeck karren lassen will, geben uns nicht das Vertrauen, dass der Minister weiß, wovon er spricht. Wir haben bereits in der Vergangenheit immer wieder betont, dass radioaktiv kontaminierte Abfälle nicht verharmlost werden dürfen.“

GAL-Mitglied Dr. Volker Koß weist darauf hin, dass die Ausbreitung der Radionuklide über den Wasserpfad bei der Freimessung mit einem Computerprogramm modelliert wird. Dieses ist lt. Gutachten des BUND nicht öffentlich einsehbar – und somit nicht bewertbar. Klar ist dagegen, dass in diesem Programm die Ausbreitung mit einem Verteilungskonzept simuliert wird, dass seit 1990  nicht mehr Stand der Wissenschaft ist.“

Unsere Kritik an der sogenannten „Freimessung“ von Abfällen aus dem AKW-Rückbau teilen wir mit dem BUND, IPPNW, dem Deutschem Ärztetag und zahlreichen Umwelt- und Bürgerinitiativen.

GAL verurteilt AKW-Müll Zwangszuweisung der Schwarz-Gelb-Grünen Landesregierung

AKW Brunsbüttel (Foto: Wikipedia)

„Die heutige Entscheidung AKW-Bauschutt aus dem Rückbau des AKW Brunsbüttel in der Deponie Lübeck-Niemark zu entsorgen, kommt nicht überraschend“, so Antje Jansen, Bürgerschaftsmitglied der GAL. „Wir verurteilen jedoch das Vorgehen der SH-Landesregierung und des Grünen Umweltministers Jan Philipp Albrecht, diese Entscheidung gegen den Willen der Lübecker Bürgerschaft und über die Köpfe einer engagierten Bürgerinitiative hinweg gefällt zu haben. Der Widerstand an allen, aus Sicht des MELUND (Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung ) in Frage kommenden Deponiestandorten in Schleswig-Holstein – bis auf Wiershop – hätte dem Minister deutlich machen müssen, dass es eine andere Lösung braucht als die Verantwortung für den AKW Bauschutt per Zwangszuweisung an die Kommunen abzugeben. Als GAL kritisieren wir grundsätzlich das 10-Mikrosievert-Konzept, das der Entscheidung des Landes zu Grunde liegt. Die Bedenken bezüglich jeder zusätzlichen Strahlenbelastung, die auch Umweltverbände, einige Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen teilen, werden nicht berücksichtigt. Auch fragen wir uns, wie die Entsorgungsbetriebe Lübeck dauerhaft sicherstellen wollen, dass dieser Grenzwert insgesamt nicht überschritten wird.

Interessant finden wir, dass die Deponie Harislee zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zwangsbeliefert werden soll. Zum einen liegt dies sicherlich an dem breiten, gut organisiserten, grenzübergreifenden Widerstand der Bevölkerung, könnte jedoch auch wahltaktische Gründe haben. Denn der hohe Norden ist für die GRÜNEN bei der Bundestagswahl von großer Bedeutung. Robert Habeck, Bundesvorstand der GRÜNEN, hat dort seinen Wahlkreis.

Gemeinsam mit den Freien Wählern fordern wir die anderen Lübecker Bürgerschaftsfraktionen auf, unseren Widerstand gemeinsam deutlich zu machen und die Bürgerinitiative zu unterstützen. Die beschlossene Bürgerbefragung muss schleunigst erfolgen, auch damit die breite Bevölkerung informiert wird, was auf Lübeck zukommt“, so Antje Jansen.

Weitere Pressemitteilungen der GAL siehe: https://gal-luebeck.de/?s=AKW

GAL kritisiert GRÜNE: Bauschutt aus AKW bleibt Atommüll

Kernkraftwerk Brokdorf, Foto*

Die Lübecker Grünen sind bereit, mehrere hunderttausend Tonnen freigemessenen Abfalls aus stillgelegten Atomkraftwerken in der Deponie Niemark aufzunehmen, reden von „Bauschutt“ und nennen das „Verantwortung zeigen“. Die GAL kritisiert die Haltung der Grünen als „Verharmlosung der Risiken von Atommüll“.

„Erstaunlich wie regierungstreu die Grünen die Argumentation der Energiekonzerne übernehmen und Gegnerinnen dieser Pläne als verantwortungslos abstempeln wollen.“, wundert sich GAL-Bürgerschaftsmitglied Antje Jansen. Mit der Strahlenschutznovelle wurde 2001 die Freigaberegelung in Deutschland eingeführt. Diese ermöglicht Energiekonzernen ihre Atomkraftwerke nach Abriss zu 95-98 Prozent kostengünstig auf Mülldeponien und in -Verbrennungsanlagen zu entsorgen oder für Straßen- und Gebäudebau zu recyceln. Dabei handelt es sich bei einem AKW um insgesamt 300.000 bis 500.000 Tonnen Material in Form von Beton, Metallen, Isoliermaterial, Elektroteile, Kunststoffen, Glas oder Werkzeugen. Juristisch wurde festgelegt, dass Material, das die Freigabegrenzwerte von 10 Mikrosievert nicht überschreitet, nicht als radioaktiv eingestuft wird, selbst wenn es strahlt. „Maßgebend sind nach dem Atomgesetz also nicht die Gesetzmäßigkeiten der Physik sondern die der Politik“, heißt es in einer Broschüre der BAESH, einer Bürgerinneninitiative in Harislee.

„Wir halten es nicht für verantwortbar, freigemessene Abfälle mit geringer Radioaktivität quer durchs ganze Bundesland zu karren und auf vorhandenen Mülldeponien zu verteilen.“, äußert sich Katja Mentz als stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss für die GAL. „Denn über mögliche gesundheitliche Risiken ist sich die Ärzteschaft in Deutschland uneins. Es gibt einen Beschluss der Landesärztekammern und des Dt. Ärztetages aus 2018, wonach die Freigabe radioaktiven Materials auch unter dem Grenzwert von unter Zehn-Mikrosievert pro Jahr gesundheitlich bedenklich sei. Als Abgeordneter des Deutschen Ärztetages, wies Dr. Robin Maitra darauf hin, dass Strahlung atomaren Restmülls zwar ein geringes, aber zusätzliches Risiko für die Bevölkerung bedeute. Der Baseler Onkologe Claudio Knüsli spricht davon, dass es keine ungefährliche Strahlung gäbe. Hinzu kommt, es gibt keine Langzeituntersuchungen über die Risiken freigemessener AKW-Abfälle auf Deponien der Klasse I-III. Niemark würde zum Testfeld, das Risiko trägt die Bevölkerung. Dagegen wissen wir, dass im 20 km Umfeld von Atomkraftwerken die Kinderkrebsrate signifikant erhöht ist – obwohl die Strahlungsbelastung unter 10 Mikrosievert liegt. Deshalb sind wir gegen die Pläne der Landesregierung und des Energiekonzerns Vattenfall, den Müll nach Lübeck zu bringen. Mit der Deponie Ihlenberg trägt Lübeck bereits ein sehr hohes Risiko in nächster Nähe. Dort liegt unter anderem der freigemessene Schutt aus dem AKW Lubmin. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass Müll nicht immer das enthält, was deklariert wurde und lediglich Stichproben zur Überprüfung durchgeführt werden.“

Juleka Schulte-Ostermann (Vorsitzende der GAL Wähler*innengemeinschaft) pocht auf einen anderen Weg. So wie in Frankreich müsse der Müll aus dem Abriss von AKW weiterhin als Atommüll behandelt werden und dürfe nicht aus Gründen der Kostenersparnis als Bauschutt deklariert und aus der Kontrolle entlassen werden. „Bisher hören wir nur, der Müll müsse auf die vorhandenen Deponien. Aus Erfahrung wissen wir allerdings, dass die Verharmlosung von Atomkraft und der Entsorgungsproblematik durch Politik und Energiekonzerne niemals zutreffend war. Deshalb bleiben wir bei unserer Haltung und fordern die Landesregierung dazu auf, eine breite und kritische Diskussion über mögliche Zwischenlösungen mit allen Beteiligten und Betroffenen zu führen und nicht einfach Fakten gegen den Willen und auf Kosten der betroffenen Bevölkerung zu schaffen.“

*Foto: Kernkraftwerk Brokdorf: Von Nightflyer – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=68194159